Digital Thread: „Maschinenbau ist schon sehr weit“

Patrick Winkler berät seit 20 Jahren Kunden beim Einsatz von Lifecycle-Systemen in der Produktentwicklung. Seit 2015 hat er einen Schwerpunkt seines Unternehmens auf die Etablierung digital unterstützter und automatisierter Geschäftsprozesse gelegt. Seine Expertise liegt im strategischen Einsatz moderner Standards und Technologien in den IT-Plattformen der Kunden. © MRT Information Management GmbH
Patrick Winkler berät seit 20 Jahren Kunden beim Einsatz von Lifecycle-Systemen in der Produktentwicklung. Seit 2015 hat er einen Schwerpunkt seines Unternehmens auf die Etablierung digital unterstützter und automatisierter Geschäftsprozesse gelegt. Seine Expertise liegt im strategischen Einsatz moderner Standards und Technologien in den IT-Plattformen der Kunden. © MRT Information Management GmbH

04.04.2024

Patrick Winkler berät mit seiner MRT Information Management GmbH beim Etablieren digital unterstützter und automatisierter Geschäftsprozesse. So ist er auch Berater im Projekt „TraceMe“, bei dem es um die Datendurchgängigkeit entlang des gesamten Produktlebenszyklus geht. Im Interview betont er, wie weit der Maschinenbau den „digitalen roten Faden“ schon verwoben hat. 

Was sind typische Herausforderungen, die Kunden – z. B. aus dem Maschinenbau – bei der digitalen Produktentwicklung über den gesamten Product Lifecycle haben?  

Die Reifegradstudie Industrie 4.0 des FIR an der RWTH Aachen hat 2017 ergeben, dass die ersten beiden Stufen der Digitalisierung von insgesamt sechs ‒ Computerisierung und Datenkonnektivität ‒ in den befragten Unternehmen bereits eine hohe Durchdringung hat. Auf dem Weg zu einem intelligenten Unternehmen nach Industrie-4.0-Gesichtspunkten ist das aber ein erster kleiner Teil der Strecke. Die dritte Stufe dieser Reifegradmatrix bewertet die digitale Sichtbarkeit. Hier geht es darum, Informationen greifbar zu machen. Sichtbarkeit erreichen Unternehmen durch den Einsatz von Digitalen Zwillingen ‒ eine Technologie, die im Maschinen- und Anlagenbau bereits große Fortschritte gemacht hat. Man denke nur an die Effizienz, die die digitale Kommissionierung bei der Auslieferung an den Kunden bietet. Das ist heute schon fast Stand der Technik. 

Fragt man namhafte Experten aus Forschung, Unternehmensanalyse und von Technologieanbietern nach dem Nutzen der digitalen Produktentwicklung, erhält man immer wieder Antworten auf sehr hoher Flughöhe. Digitale Produktentwicklung ist ein komplexes, aber lohnendes Unterfangen, das Unternehmen auf dem Weg zur Industrie 4.0 voranbringt. Dabei meistert man Herausforderungen wie rasante Technologieentwicklung, Marktunsicherheiten, komplexe Anforderungen, Vernetzung von Produkten und Maschinen und immer neue Compliance-Anforderungen durch Normen. 

Die heute bereits vorhandene und erprobte IT-Technologie und die immer intelligenter werdenden KI-Algorithmen reichen aus und sind auch für kleine und mittlere Unternehmen bezahlbar, um einen hohen Digitalisierungsgrad zu erreichen. Wir sind bereits dabei, dies bei unseren Kunden umzusetzen. Unternehmen müssen für sich drei Fragen beantworten, um aus der Flut der Möglichkeiten die richtige Wahl zu treffen: 

  • Was bedeutet Digitalisierung für mich und mein Unternehmen? 

  • Was haben ich und mein Unternehmen davon? 

  • und aus meiner Sicht die wichtigste: Wie kann Digitalisierung für Menschen ‒ meinen Mitarbeitern ‒ greifbar gemacht werden? 

Zurück zum Maschinenbau. Hier kennen wir aus unserer täglichen Arbeit einen ganz konkreten Business Case unserer Kunden. Sie sind bestrebt, bereits in der frühen Phase ihrer Produktentwicklung die Produktionsanlagen zu entwerfen, zu dimensionieren und in einen konkreten Kostenrahmen zu bringen. Ziel ist es, gemeinsam mit ihren Lieferanten das Produkt und die Produktion bis zum Produktionsstart digital zu optimieren. Deshalb finde ich das FFG-Projekt „TraceMe“ sehr spannend. Eine durchgängige Informationskette, die Sichtbarkeit in Form eines digitalen Requirement Threads in Kombination mit Produkt- und Fabrikmodellen liefert die notwendige Lösung und bringt mit Sicherheit einen Vorsprung im Wettbewerb.  

Wie weit sind Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau in diesem Kontext? 

Ich glaube, dass der Maschinen- und Anlagenbau in der Endphase der Produktentwicklung sehr weit ist. Stichwort: Digitale Kommissionierung. Die größte Hürde ist, die Daten kontinuierlich, aktuell und durchgängig in den digitalen Prozessfluss, in den digitalen Thread über alle Phasen zu bekommen. 

Stichwort Digital Thread – was empfehlen Sie, um die digitale Durchgängigkeit sicherzustellen? 

Ich freue mich sehr, dass sich der Begriff Digital Thread am Markt etabliert hat. Er spiegelt den technischen und integrativen Aspekt eines digitalen Unternehmensprozesses in der IT-Landschaft wider. Dabei ist es zunächst einmal wichtig, dass wir nicht von dem einen digitalen Thread im Unternehmen sprechen. Es sind viele digitale Threads, die miteinander verknüpft sind. In unserem Ansatz schneiden und grenzen wir einzelne Threads nach Geschäftsbereich, Datenhoheit und Rollen und Teams ab und koppeln diese mit anderen Threads. Ein Beispiel ist das Zusammenspiel der digitalen Threads Konstruktion, Einkauf, Lieferant und Qualitätssicherung beim Erstmusterprüfbericht. Alle Abteilungen benötigen die Messvorschriften, die in der Konstruktion in den 3D-Modellen definiert werden. Die Trennung der Threads nach organisatorischen Schwerpunkten ‒ in der IT spricht man von Domänen ‒ ermöglicht es, Durchgängigkeit und Flexibilität schrittweise und nutzenorientiert sicherzustellen. Parallel zur Digitalisierung wird die operative Exzellenz der Fachabteilung gestärkt.

Wo geht die Reise hin, welche technologischen Innovationen werden noch kommen? 

Ich denke, es zeichnen sich zwei wichtige Innovationen ab. Die erste ist technisch wenig spektakulär – es ist die Definition von maschinenlesbaren Standard-Spezifikationen für die Industrie und deren Umsetzung in Data Spaces und Programmen wie Manufacturing-X. Die zweite hoch technische Innovation, die den Markt meiner Meinung nach ähnlich gravierend und nachhaltig verändern wird wie KI, ist die kommerzielle Nutzung von Quantenprozessoren. Das wird Ende 2024/Anfang 2025 möglich sein. 

MRT Information Management GmbH 

Das inhabergeführte Tiroler Unternehmen mit Hauptsitz in Fügen im Zillertal und Niederlassungen in Deutschland und in der Schweiz wurde 2001 gegründet. Das Team unterstützt namhafte Unternehmen aus den Branchen Automotive, Anlagen-/Maschinenbau und Medizintechnik bei der Steigerung von Effizienz und Qualität in der Produktentwicklung. MRT bietet Dienstleistungen und Lösungen, die auch kleinen und mittelständischen Unternehmen die Zusammenarbeit über digitale Geschäftsprozesse zwischen Fachabteilungen, Partnern und Kunden ermöglichen. 
www.mrtplm.com


Portraitfoto DI Eva Breuer, Projektmanagement

DI Eva Breuer

Projektmanagerin

Fachbereich Internationale Projekte

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