Neuheiten aus der Welt der Bionic

3D_Cocooner
Mit dem 3D Cocooner hat Festo einen bionischen Technologieträger entwickelt, der die Vorteile von additiven Fertigungsverfahren mit der Präzisionssteuerung und Agilität eines industriellen High-Speed-Handlings vereint. Bild: Festo

08.04.2016

„Integrated Industry – Discover Solutions“ lautet das Motto der Hannover Messe 2016. Schon im Vorfeld der Messe präsentierte Festo, welche neuen Entwicklungen die Industrie erwarten: von der Qualifikation für Industrie 4.0

und schwebenden Transportsystemen bis hin zu aktuellen Projekten

aus dem Bionic Learning Network.

Festo betrachtet den Wandel in der Produktion aus unterschiedlichen Perspektiven. Im Fokus steht neben der Entwicklung neuer Technologien auch die technische Bildung in Hinblick auf Industrie 4.0. Im Rahmen einer Online-Pressekonferenz wurden am 6. April die Themen und Zukunftsprojekte von Festo im Rahmen der Hannover Messe 2016 vorgestellt.

 

Produktion im Wandel

Dr. Michael Hoffmeister, Portfoliomanagement Software von Festo, erklärt: „Ein wesentlicher Aspekt von Industrie 4.0 ist die durchgängige Kommunikation über alle Ebenen und daraus abgeleitet die Fähigkeit zur Interaktion. Dabei wird sich ein grundsätzlicher Wandel zu serviceorientierten Architekturen vollziehen.“ Die evolutionäre Veränderung der Automatisierungspyramide wird dabei so aussehen, dass sich Funktionen aus den höheren Ebenen nach unten verlagern. Das bedeutet, dass Komponenten die Fähigkeit erhalten, Aufträge der überlagerten Steuerungsebene auszuführen. Durch diese „digitale Veredelung“ werden zunehmend intelligente Produkte entstehen, die den Produktionsprozess dank erhöhter Funktionalität – von der autarken Energieversorgung bis hin zu Condition Monitoring – aktiv unterstützen. Komponenten vernetzen sich dann auf intelligente Art und Weise selbst, konfigurieren sich mit einem Minimalaufwand und werden so den unterschiedlichen Anforderungen an Fertigungsaufträge auf selbststeuernde Weise gerecht.

 

Qualifikation für Industrie 4.0

Die steigende Quantität an Daten sowie die Komplexität in der Vernetzung von Anlagen- und Unternehmensbereichen erfordert hochflexible Lösungen zur Qualifikation von Mitarbeitern in der Industrie. Für den Betrieb und die ständige Optimierung von Anlagen, hohe Wandelbarkeit und die Entwicklung neuer Komponenten ist neues „do how“ erforderlich. So sind zum Beispiel ein Verständnis von digitalen Produktionstechnologien und weitreichende Kenntnisse in der Programmierung von Anlagen-Netzwerken besonders gefragt. Festo Didactic bietet die passende Übungshardware dafür. Die praxisnahe Vermittlung von Technologiewissen erfolgt über die cyber-physische Lernplattform „CP Factory“. Diese bildet die Stationen einer realen Produktionsanlage modellhaft ab und ermöglicht das Lernen von Anlagenprogrammierung, Vernetzung und vielen weiteren Inhalten wie Energieeffizienz und Datenmanagement.

 

Die CP Factory ist Teil einer sogenannten Lernfabrik – einer modularen Lernumgebung, in der entsprechend eines Produktionsprozesses qualifiziert werden kann oder für einen bestimmten Fachbereich, zum Beispiel die Produktionstechnik. In sogenannten „One-Point Lessons“ werden Fach- und Führungskräfte kurzzyklisch und prozessnah von internen oder externen Experten für aktuelle Anforderungen qualifiziert – in den Bereichen Mechatronik, Logistik und Prozessoptimierung sowie in organisations- und menschenbezogenen Trainings wie interdisziplinäres Handeln, Lernfähigkeit und Wandlungsfähigkeit.

 

SupraMotion 2016: Drei neue Applikationen

Mit den drei aktuellen Exponaten zu SupraMotion erweitert Festo nochmals das Spektrum der bisher gezeigten Lagerungs- und Bewegungsformen und zeigt auf der Hannover Messe 2016 drei neue Applikationen. Link zum Video: http://www.press-live.com/_supramotion

 

SupraJunction: Horizontale Übergabe von schwebenden Trägerplatten

Mit SupraJunction zeigt Festo den berührungslosen Transport von Objekten über geschlossene Oberflächen hinweg und durch Schleusen hindurch. Zwei Trägerplatten schweben Dank an ihrer Unterseite angebrachten Magnetschienen über den Supraleitern. „Damit realisieren wir erstmals die automatisierte Übergabe von einem System zu einem anderen in der Waagerechten und ermöglicht den schwebenden Transport in langen Prozessketten und über Systemgrenzen hinweg“, betont Georg Berner, Leiter Strategische Unternehmensentwicklung Konzern-Holding

 

SupraGripper: Mechanisches Greifen bei räumlicher Trennung

Beim SupraGripper schweben zwei Greifer mit je drei Fingern frei über zwei halbmondförmigen Platten. Mit dieser Technologie könnten zum Beispiel Objekte durch eine Abtrennung hindurch oder in geschlossenen Räumen gegriffen und transportiert werden, was sich für Reinräume anbietet oder für die Arbeit in Gasen, Vakuum oder in Flüssigkeiten.

 

SupraTube: Rotation in einem geschlossenen Rohr

An den beiden Enden einer mit Flüssigkeit gefüllten, geschlossenen Glasröhre ist außen jeweils ein Rundkryostat mit Supraleitern angebracht. Innerhalb der senkrecht stehenden Röhre befindet sich ein Magnetpuck, der auf beide Kryostate mit einem Schwebeabstand von etwa fünf Millimetern gepinnt ist und zu Beginn unter dem oberen Kryostaten hängt. Berner erklärt, dass mit diesem Exponat „eine Bewegung in einer Röhre ohne Durchgriff von außen gesteuert ausgeführt werden kann“. So könnten mit einem etwas abgewandelten Aufbau Antriebe mit einer Supraleiter-Magnetkopplung entlang der Längsachse des Rohrs verbaut werden, die ein Reinigungsgerät völlig kontaktfrei hindurchziehen.

 

Neues aus dem Bionic Learning Network

Die Projekte des Bionic Learning Networks dienen als Entwicklungsplattformen, die unterschiedlichste Technologien und Komponenten kombinieren. „Dieses Jahr haben wir uns vor allem mit neuen Fertigungstechnologien wie zum Beispiel „digital Fabrication“ oder Leichtbaustrukturen auseinandergesetzt. Zudem haben wir bei einem Exponat demonstriert, wie ein mögliches fliegendes Assistenzsystem in der zukünftigen Arbeitswelt aussehen könnte“, sagt Dr. Knubben, Leiter Corporate Bionic Projects.

 

3D Cocooner – bionische Strukturen aus der Handling-Spinndüse

 

Baukunst und Architektur verbindet man in erster Linie mit dem Menschen. Aber auch in der Tierwelt entstehen beeindruckende Konstruktionen. Während Bienen, Wespen oder Termiten ihr Zuhause Schicht für Schicht aufbauen, erschaffen Spinnen und Schmetterlingsraupen imposante Gebilde mithilfe von Spinnfäden. Davon inspiriert hat Festo im Rahmen seines Bionic Learning Network den 3D Cocooner entwickelt. Dr. Knubben: „Ähnlich einer Raupe spinnt er filigrane Gebilde und maßgeschneiderte Leichtbaustrukturen aus einem Glasfaserfaden. Mithilfe eines Handlings kann die Spinndüse präzise bewegt werden und die Glasfaser bei gleichzeitiger Laminierung mit UV-härtendem Harz zu den komplexen Strukturen verkleben. Im Gegensatz zu anderen 3D-Druckverfahren werden diese Strukturen jedoch nicht schichtweise auf einer Fläche, sondern tatsächlich frei im Raum aufgebaut.“ Bei dem 3D Cocooner liefert das virtuelle Designprogramm die Bauanleitung direkt an die Werkzeugebene. Dadurch gelingt es, die digitale Kette vom Entwurf bis zum fertigen Produkt ohne Umwege über die sonst üblichen Vertriebs-, Fertigungs- und Logistikkanäle zu überbrücken. Link zum Video: www.press-live.com/_3dcocooner

 

FreeMotionHandling – Autonom fliegende Greiferkugel

 

Das Indoor-Flugobjekt besteht aus einem ultraleichten Karbonring mit acht adaptiven Propellern, in dessen Mitte eine drehbare Heliumkugel mit integriertem Greifelement sitzt. Dank der intelligenten Bordelektronik und dem eingesetzten Indoor-GPS kann die Kugel autonom in alle Richtungen manövrieren, Gegenstände eigenständig aufnehmen und an geeigneter Stelle abgeben. Mensch und Kugel können aber jederzeit problemlos und sicher miteinander interagieren. Neue Perspektiven für den Arbeitsraum der Zukunft eröffnen sich: Dort könnte die Kugel dem Menschen als fliegendes Assistenzsystem dienen – zum Beispiel bei Arbeiten über Kopf, in schwindliger Höhe oder in schwer zugänglichen Räumen. „Das FreeMotionHandling besticht aber nicht nur durch seine einzigartigen Flugeigenschaften. Das Verdrehen der Kugel um bis zu 180 Grad erlaubt es auch, sein Greiferelement frei in alle Raumrichtungen positionieren“, sagt Dr. Knubben. Nähert sich die Kugel dem Greifobjekt, übernimmt sie ihre Bahnplanung mit Hilfe von zwei integrierten Kameras selbst. Link zum Video: www.press-live.com/_freemotionhandling


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